HelloFresh ist nicht „klimaneutral“

HelloFresh ist nicht „klimaneutral“

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Svenja Schumann
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Das Landgericht Berlin hat dem Kochbox-Unternehmen HelloFresh mit Urteil vom 10. Oktober 2023 (Az.: 102 O 15/23) verboten, mit Green Claims zu werben.

Sachverhalt

HelloFresh bietet Kochboxen, also Pakete mit abgewogenen Zutaten und einem dazu passenden Rezept, an. Im November 2022 warb das Unternehmen mit folgenden Aussagen auf seiner Website:

„Das erste globale klimaneutrale Kochbox-Unternehmen“

und

„Wir kompensieren 100% unserer direkten CO-Emissionen“

Gegen diese Claims richtet sich die Klage der Deutsche Umwelthilfe (DUH); sie seien irreführend.

HelloFresh stütze seine Aussagen zur Klimaneutralität unter anderem auf die Kompensation von CO₂-Emissionen durch Investitionen in „grüne Initiativen“. Dazu kaufte das Unternehmen zum Beispiel Kohlenstoff-Zertifikate ein, die ein Waldschutzprojekt fördern sollten. Dieses Projekt ist laut DUH jedoch unzureichend für eine CO2-Kompensation, denn es endet bereits im Jahr 2034. Eine so kurze Laufzeit reiche nicht aus, um die freigesetzten Treibhausgase des Unternehmens bilanziell auszugleichen.

Weiterhin stelle HelloFresh nur unzureichende Informationen für die Verbraucher:innen zur Verfügung.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht Berlin hat der Klage der DUH in vollem Umfang stattgegeben und die in Rede stehenden Green Claims von HelloFresh verboten.

Kompensationsleistungen

Das Landgericht Berlin stellte klar: Die beworbene Klimaneutralität könne nicht durch den Erwerb von Zertifikaten des in Rede stehenden Waldschutzprojektes erzielt werden. Somit sei die Aussage „klimaneutral“ irreführend.

Klimaneutral bedeute eine ausgeglichene Bilanz der CO₂-Emissionen, wobei Neutralität grundsätzlich sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompensation erreicht werden könne. Das von HelloFresh gewählte Waldschutzprojekt könne jedoch keine langfristige Kompensation darstellen.

HelloFresh dürfe auch nicht einfach darauf vertrauen, dass der Erwerb eines CO₂-Zertifikats die vollständige Kompensation der Emissionen bedeute. Vielmehr müsse ein Unternehmen sich vor der Schaltung einer Werbung vergewissern, ob die damit verbundene Behauptung in der Sache auch gerechtfertigt ist.

Unzureichende Informationen

Das Gericht kritisierte zudem die unzureichenden Informationen, die HelloFresh den Verbraucher:innen zur Verfügung stellte.

HelloFresh träfen weitgehende Informationspflichten, da umweltbezogene Aussagen eine starke emotionale Werbekraft hätten. Verbraucher:innen hätten in diesem Zusammenhang ein großes Interesse an transparenter Information. So stehe der Zertifikatehandel aus Verbrauchersicht im Verdacht, eine reine Greenwashing-Maßnahme zu sein. Ob und wie Klimaschutz dadurch verbessert würde, müsse ein Unternehmen aktiv nachweisen.

Aus diesem Grund fehle es bei den beiden Green Claims an aufklärenden Informationen: Unter anderem sei unklar, was mit „direkten“ CO₂-Emissionen gemeint sei. Zudem gebe es neben dem Waldschutzprojekt noch weitere Schutzprojekte, die im Rahmen der Werbung spezifisch hervorgehoben worden seien, zu denen jedoch Informationen fehlten.

Praxishinweise

Das Urteil des Landgerichts Berlin reiht sich in die aktuelle Rechtsprechung zu Green Claims (wir berichteten zuletzt hier) ein. Die Kammer betont – im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung – dass Klimaneutralität grundsätzlich durch Einsparung oder durch Kompensation erreicht werden kann. Unternehmen müssen sich jedoch genauestens informieren, ob die versprochene Kompensation durch das erworbene Zertifikat auch wirklich erreicht wird, bevor sie mit entsprechenden Green Claims werben.

Auch hinsichtlich der notwendigen Informationen, die Unternehmen zur Verfügung stellen müssen, trifft das Gericht konkretisierende Feststellungen. Auch wenn der Durchschnittsverbraucher – in der Regel aus Zeitgründen – keine Möglichkeit hat, komplexe Sachverhalte wie die bilanzielle Kompensation von CO₂-Emissionen zu analysieren, müssen alle dafür notwendigen Informationen bereitgehalten werden. Das Landgericht Berlin fasst es so zusammen: „Es obliegt jedenfalls nicht der Entscheidung des werbenden Unternehmens, ob und in welchem Umfang er dem Verbraucher Zugriff auf die Informationen erteilt, welche seiner Auffassung nach seine Werbeaussage stützen.“

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