
USM Haller – ein Möbelsystem gleich einem Kunstwerk?

Stellt das bekannte Möbelsystem „USM Haller“ ein urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst dar? Dieser Auffassung ist jedenfalls die Herstellerin. Der BGH legte dem EuGH nun drei Fragen vor, um den Begriff des urheberrechtlich geschützten Werks zu erläutern.
Sachverhalt
Bei dem modularen Möbelsystem „USM Haller“ können hochglanzverchromte Rohre mittels kugelförmiger Verbindungsknoten zu einem Gestell zusammengesetzt und mit Verschlussflächen ergänzt werden. So lassen sich individuelle Möbel gestalten.
Die Beklagte bietet – nahezu identische – Ersatzteile und Erweiterungsteile für das USM Haller System an. Dieses Angebot war anfangs auf Ersatzteile beschränkt. Inzwischen bietet die Beklagte jedoch sämtliche für den Bau kompletter Möbel notwendige Teile des Systems inklusive Aufbauanleitungen für komplette Möbelstücke an. Daneben können Kunden einen Aufbauservice buchen.
Die Herstellerin des USM Haller Möbelsystems sieht in dieser Neuausrichtung das Angebot eines eigenen, zum USM Haller System identischen Möbelsystems. Sie nahm die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, den Ersatz von Abmahnkosten und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch. Dabei stützt sie sich vorrangig auf Urheberrecht, hilfsweise auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz.
In erster Instanz hat das LG Düsseldorf der Klage überwiegend stattgegeben. Das OLG Düsseldorf lehnte dagegen urheberrechtliche Ansprüche ab und erkannte USM lediglich Ansprüche aus Wettbewerbsrecht zu. Gegen diese Entscheidung legten beide Parteien Revision ein. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision ihre urheberrechtlichen Ansprüche weiter.
Entscheidung
Der Erfolg der Revision der Klägerin hängt laut BGH von der Auslegung des in Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft enthaltenen Begriffs des Werks ab.
Der BGH hat das Verfahren daher ausgesetzt und dem EuGH drei Fragen zur Klärung vorgelegt:
Zunächst möchte der BGH wissen, ob dem Urheberrechtsschutz ein Ausnahmecharakter gegenüber einem daneben in Betracht kommenden Schutz als Geschmacksmuster oder Design zukommt. Dies würde zu höheren Anforderungen an die freie kreative Entscheidung des Schöpfers als bei anderen Werkarten führen.
Darüber hinaus sei fraglich, ob bei der Prüfung der Originalität – zumindest auch – auf die subjektive Sicht des Schöpfers beim Schöpfungsprozess abzustellen sei. Muss dieser insbesondere die kreativen Entscheidungen bewusst treffen? Oder gilt ein rein objektiver Maßstab?
Ebenfalls zu klären sei zuletzt, ob im Rahmen der Beurteilung der Originalität auch auf nach der Schöpfung eingetretene Umstände – beispielsweise Präsentationen in Kunstausstellungen oder Museen – abzustellen sei.
Praxishinweis
Spannend wird die Entscheidung des EuGH insbesondere zu der Frage, ob die Beurteilung einer Gestaltung als Werk der angewandten Kunst von den subjektiven Vorstellungen des Gestalters oder allein nach objektiven Kriterien zu treffen ist.
Die Entscheidung ist für Hersteller:innen von Designermöbeln oder -accessoires von großer Bedeutung. Kommt diesen neben einem Designschutz auch ein urheberrechtlicher Schutz zu, führt dies zu einer starken Rechtsposition. Beispielsweise profitieren sie von einer längeren Schutzdauer.