Streit um „Paris Bar“ Werke geklärt – Auftragsmaler können Miturheber sein

Streit um „Paris Bar“ Werke geklärt – Auftragsmaler können Miturheber sein

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Helena Jochem, LL.M.
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Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 7. August 2023 den Streit zwischen dem Künstler und Auftragsmaler Götz Valien und dem Nachlassverwalter der Urheberrechte des verstorbenen Künstlers Martin Kippenberger über die Urheberschaft an den Paris Bar Gemälden (Version 1-3) geklärt. Valien ist Miturheber der von ihm als Auftragsarbeit gestalteten Gemälde. Bei einer Verwertung ist neben Kippenberger daher auch Valien zu nennen.

Der Hintergrund

Die Grundlage des Streits geht zurück in das Jahr 1991. Damals hatte Martin Kippenberger in der Paris Bar in Berlin eine temporäre Ausstellung mit eigenen sowie Werken befreundeter Künstler organisiert.

Kippenberger ließ von einem Fotografen ein Foto der Ausstellungsszenerie aufnehmen, auf der die Installation der Kunstwerke an der Wand sowie im Vordergrund ein Teil der Inneneinrichtung der Paris Bar zu sehen war. Er übergab das Foto einem Kinoplakatunternehmen und beauftragte das Unternehmen damit, das Motiv des Fotos in möglichst fotorealistischem Stil in ein großformatiges Gemälde (ca. 2×3 Meter) zu übertragen.

Kippenberger’s Idee war, die temporäre Ausstellung in ein dauerhaftes Medium zu überführen, dieses wiederrum in der Paris Bar auszustellen und damit die Ausstellung der Nachwelt zugänglich zu halten.

Das Kinoplakatunternehmen beauftragte seinerseits Götz Valien mit der Ausführung der Auftragsmalerei. Valien erledigte die Auftragsarbeit, wobei er gegenüber der Fotovorlage drei maßgebliche Anpassungen vornahm: Er entschied sich für einen gegenüber der Vorlage leicht abweichenden Grundfarbton des Gemäldes in rot-orange, um die Stimmung etwas fröhlicher wirken zu lassen, sorgte durch die leichte Anpassung des Bildausschnittes für eine großzügigere Raumwirkung und fügte bei der Darstellung der Inneneinrichtung Schattenwurf hinzu.

Das fertige Gemälde wurde an Kippenberger geliefert und an der hinteren Wand der Paris Bar (an Stelle der temporären Ausstellung) aufgehängt. Valien erhielt für seine Arbeit DM 1000.

Im Jahr 1993 erstellte Valien wiederrum als Auftragsarbeit eine weitere Variante des Bildes, die nunmehr die neue Innenansicht der Paris Bar zeigte, also einen Bild-im-Bild-Charakter hatte. Auch hier erfolgte die Auftragserteilung nach demselben Muster: Kippenberger übergab ein Foto des Motivs an das Unternehmen. Das Unternehmen beauftragte Valien. Die Gestaltungsmerkmale des ersten Bildes übernahm Valien im zweiten Bild.

1993 erschuf Valien dann schließlich selbstständig ohne Auftrag eine dritte Version der Paris Bar. Diese Variante ist mit der Variante 1 fast identisch.

Das Original der Variante 1 hing bis 2004 in der Paris Bar, wurde 2009 für 2,2 Millionen Pfund versteigert. Das Original der Variante 2 ist ebenfalls für 636.000 Pfund versteigert worden. Als Urheber war bei den Versteigerungen allein Martin Kippenberger bezeichnet.

Das Original der Variante 3 stellte Valien bei einer eigenen Ausstellung 2022 nur unter seinem Namen aus.

Die Streitfrage

Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht München I waren lediglich Ansprüche auf Nennung als Urheber. Dabei forderte Valien zukünftig bei einer Verwertung der Variante 1 und 2 genannt zu werden. Der Nachlassverwalter von Kippenberger forderte seinerseits von Valien bei einer Verwertung der Variante 3 Kippenberger zu nennen.

Anspruch auf Nennung hat nach § 13 UrhG der Urheber eines Werkes.

Im Kern hatte das Gericht daher zu beurteilen, ob die urheberrechtlich geschützte künstlerische Leistung hier ausschließlich bei Auftraggeber (Kippenberger) oder Auftragnehmer (Valien) liegt, so dass es einen Alleinurheber gibt oder ob beide Parteien eine künstlerische Leistung für sich in Anspruch nehmen können und damit Miturheber sind.

Die Entscheidung

Das Landgericht München I kam zu dem Ergebnis, dass beide Künstler jeweils einen eigenen kreativen, schöpferischen Beitrag zum Endergebnis geleistet haben. Bei Auftraggebern reicht für eine schöpferische Leistung zwar nicht allein die Vorgabe einer Idee oder abstrakter Vorgaben. Vielmehr muss der Auftraggeber tatsächlich Einfluss auf die Umsetzung haben und so einen künstlerischen Beitrag leisten. Kippenberger hat diesen Beitrag durch die genaue Vorgabe des Motivs geleistet. Auch Valien hat dem Endergebnis jedoch seine persönliche künstlerische Note verliehen. Entscheidend war für das Gericht, dass Valien durch die oben genannten Merkmale von den Fotovorlage abgewichen ist und den ihm verbleibenden künstlerischen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung genutzt hat.

Für die urheberrechtliche Beurteilung war es dabei irrelevant, dass Kippenberger eine künstlerische Eigeninterpretation seines Auftragsmalers gar nicht beauftragt hatte und gerade nicht wollte. Es kommt allein darauf an, ob der Auftragsmaler eine eigene künstlerische Leistung erbracht hat.

Das Gericht sah beide Künstler als Miturheber, so dass beide bei einer Verwendung der Paris Bar Werke genannt werden müssen.

Ausblick

Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung Grundlagen des Urheberrechts konsequent angewandt. Eigentlich ist das Ergebnis daher wenig überraschend. Versucht man diese Grundsätze auf die gerade viel diskutierten KI-Systeme zu übertragen, bleiben aber viele Fragen offen. Das KI System könnte Valien’s Rolle als Auftragnehmer übernehmen. Der Nutzer, der der KI Vorgaben macht, hätte die Rolle des Auftraggebers. Die KI als Auftragnehmer kann nach deutschem Verständnis zwar nicht Urheber des Outputs sein, da Urheberrechte eine menschliche Leistung voraussetzen. Bleibt aber die Frage, ob ich als Nutzer, also Auftraggeber, Rechte an dem von der KI geschaffenen Output begründen kann? Kann ich dies durch eine möglichst präzise Eingabe (sog. „Prompt“) erreichen und wie weit gehen etwaige Rechte an dem Output?

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