Mindestbestand an Beweistatsachen – Anforderungen müssen gesenkt werden

Mindestbestand an Beweistatsachen – Anforderungen müssen gesenkt werden

Autor
Dr. Martin Schippan
Dr. Martin Schippan Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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Das Erfordernis des Mindestbestands an Beweistatsachen ist in der Praxis von Journalisten und Redaktionen die schwierigste Voraussetzung im Rahmen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung. Berichtet die Presse über einen Verdacht gegen ein Unternehmen oder eine Privatperson, so muss sie vor dem Aufstellen oder Verbreiten des Verdachts selbstverständlich hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt anstellen. Erforderlich ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen. Dabei stellt es sowohl bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Berichterstattung vor ihrer Veröffentlichung als auch bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung nach Erscheinen die größte rechtliche Herausforderung dar, verlässlich einzuschätzen, ob ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist oder nicht. Dies liegt maßgeblich an der vielfach sehr unterschiedlichen Instanzrechtsprechung zu diesem Kriterium. Bei einem Fall zu einem Geldwäscheverdacht wurde der Mindestbestand an Beweistatsachen von den Kölner Gerichten drei Mal unterschiedlich bewertet, ein wahres Pingpong-Spiel!

Um eine verlässliche Grundlage für die vielfach sehr subjektiv geprägte Beurteilung des Mindestbestands an Beweistatsachen zu erhalten, sollte die Rechtsprechung daher ein größeres Gewicht auf andere, eher formale Erfordernisse der zulässigen Verdachtsberichterstattung legen, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mindestbestands an Beweistatsachen aber absenken. Dies könnte etwa dadurch geschehen, dass man die jüngst vom Bundesgerichtshof betonten Anforderungen an die Gelegenheit zur Stellungnahme stärker durchsetzt. Bei dem Kriterium der Ausgewogenheit der Darstellung könnte man der Presse eine stärkere Verpflichtung auferlegen, auch entlastende Umstände zu recherchieren und diese gegebenenfalls in der Berichterstattung wiederzugeben.

Allen diesen Kriterien fehlt das subjektive Element; eine größere Gewichtung würde daher zu mehr Verlässlichkeit und somit zu einem rechtssicheren Handeln der Presse führen. Durch die stärkere Berücksichtigung der Gelegenheit zur Stellungnahme und der Ausgewogenheit der Darstellung wäre zudem sichergestellt, dass die Belange des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen weiterhin in angemessener Weise berücksichtigt werden. Das Schutzniveau insgesamt würde beibehalten, nur die Anforderungen an den Mindestbestand an Beweistatsachen würden sinken.

Mehr dazu im Beitrag „Schwieriges Terrain: Der Mindestbestand an Beweistatsachen im Rahmen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung“, ZUM (Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht) 2022, 781 ff., sowie – ggf. kostenpflichtig – bei beck online .

 

 

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