Hyperlinks können (also doch) Rechtsverletzung sein

Hyperlinks können (also doch) Rechtsverletzung sein

Autor
Dr. Thomas Glückstein
Dr. Thomas Glückstein Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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Das Setzen eines Hyperlinks kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun in einem Urteil vom 8. September 2016 entschieden. Das Urteil ist eine wichtige Klarstellung zu früheren Entscheidungen des EuGH. Bemerkenswert: Mit der Entscheidung weicht der EuGH anders als sonst üblich von dem Schlussantrag des Generalanwalts ab.

 

Worum ging es in der Entscheidung?

Ein Fotograf hatte für den niederländischen Ableger des „Playboy“ Nacktfotos angefertigt. Vor deren Veröffentlichung in der Zeitschrift wurden diese jedoch ohne Einwilligung des Verlages auf verschiedenen Websites hochgeladen. Eine Website mit Boulevard-Nachrichten, die immerhin zu den zehn meistbesuchten Nachrichten-Websites der Niederlande gehört, verlinkte diese Fotos mittels Hyperlink unter der Überschrift „…! Nacktfotos von [Frau] Dekker“ sowie „Und jetzt also der Link zu den Bildern, auf die Sie gewartet haben.“ Auch nachdem der Rechtsinhaber auf die Rechtsverletzung auf der verlinkten Seite hingewiesen hatte, wurde die Verlinkung aufrecht erhalten. Der niederländische „Playboy“ als Inhaber der exklusiven Rechte an den verlinkten Fotos sah darin eine Urheberrechtsverletzung durch den Betreiber der Nachrichten-Website.

 

Urteil des EuGH

Der EuGH gab dem „Playboy“ recht und bejahte eine Urheberrechtsverletzung. Die Verlinkung sei hier eine „öffentliche Wiedergabe“ i.S.d. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG.

Um die Entscheidung des EuGH richtig einordnen zu können, muss man wissen, dass der EuGH im Jahr 2014 in zwei Entscheidungen jeweils noch genau gegenteilig entschieden hatte. Dort hatte der EuGH geurteilt, dass das Setzen eines Hyperlinks keine Urheberrechtsverletzung darstellt (Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u.a., Az. C-466/12), und zwar selbst dann nicht, wenn der Link in Form des „Framing“ gesetzt wird, also der Inhalt der verlinkten Seite auf der eigenen Webseite in einer Weise erscheint, dass der Nutzer nicht erkennt, dass er Inhalt von einer fremden Website stammt (Beschluss vom 21. Oktober 2014, Best Water, Az. C-348/13).

 

Hyperlinks hier auf rechtswidrigen Inhalt

Warum entschied der EuGH nun anders? Der wesentliche Unterschied zu den bisher entschiedenen Fällen lag vorliegend darin, dass die verlinkten Fotos ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers „Playboy“, also rechtswidrig, ins Internet gelangt waren.

Stellt die Verlinkung auf rechtswidrig hochgeladene Inhalte ab jetzt also immer eine Urheberrechtsverletzung dar?

So einfach macht es der EuGH den Rechtsinhabern dann doch nicht. Denn der EuGH sieht in Hyperlinks ein schützenswertes Element der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit. Der EuGH verweist zudem darauf, dass es häufig schwierig sei, zu überprüfen, ob die verlinkten Websites geschützte Inhalte enthalten und ob diese mit Erlaubnis der Rechtsinhaber veröffentlicht wurden.

Daher sieht der EuGH das Setzen von Hyperlinks auf rechtswidrig veröffentlichte Inhalte nicht in jedem Fall als Urheberrechtsverletzung an.

 

„Gewinnerzielungsabsicht“ als maßgebliches Kriterium

Vielmehr will der EuGH differenzieren und führt dazu ein neues Kriterium ein: die „Gewinnerzielungsabsicht“ des „Verlinkers“. Wer keine Gewinnerzielungsabsicht hat und weder weiß, noch vernünftigerweise wissen kann, dass er auf einen rechtswidrigen Inhalte verlinkt, begeht – so der EuGH – mit der Verlinkung keine Urheberrechtsverletzung.

Wer hingegen mit Gewinnerzielungsabsicht verlinkt, von dem kann nach Ansicht der EuGH erwartet werden, dass er die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, ob das der verlinkte Inhalt unbefugt online steht. Im Fall einer Gewinnerzielungsabsicht bestehe daher eine Vermutung, dass eine Verlinkung auf einen rechtswidrigen Inhalt absichtlich erfolge.

Eine Urheberrechtsverletzung liegt auch ohne Gewinnerzielungsabsicht dann vor, wenn der Verlinker von der Rechtswidrigkeit des verlinkten Inhalts weiß – z. B. weil er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde.

Außerdem bestätigt der EuGH nochmals, dass eine Urheberrechtsverletzung durch einen Hyperlink auch dann vorliegt, wenn durch den Link beschränkende Maßnahmen umgangen werden. Das ist z. B. der Fall, wenn auf der Ursprungsseite der Inhalt nur Abonnenten zugänglich ist und durch die Hyperlinks nun auch andere Nutzer auf die Inhalte zugreifen können.

Im jetzt vom EuGH entschiedenen Fall handelte die verlinkende Nachrichten-Website zu Erwerbszwecken und zudem in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des verlinkten Inhalts. Denn der „Playboy“ hatte die Nachrichten-Website auf die Rechtsverletzung hingewiesen. Nach dem EuGH liegt in einem solchen Fall daher in dem Setzen eines Hyperlinks eine rechtswidrige öffentliche Wiedergabe und damit eine Urheberrechtsverletzung.

 

Fazit

Rechtsinhaber können (etwas) aufatmen. Nach den früheren Entscheidungen des EuGH mussten sie noch befürchten, der EuGH würde jegliches Setzen von Hyperlinks auf rechtsverletzende Inhalte als urheberrechtlich unproblematisch ansehen. Genau diese Auffassung hatte der Generalanwalt auch für den vorliegenden Fall in seinem Schlussantrag vertreten. Damit wären Piraterie-Websites, die Hyperlinks auf illegal veröffentlichte Filme, Musik oder e-Books setzen, Tür und Tor geöffnet worden.

Erfreulicherweise ist der EuGH – anders als sonst üblicherweise – dem Antrag des Generalanwalts nicht gefolgt. Die Verlinkung auf illegale Inhalte kann – in bestimmten Fällen – also doch eine Rechtsverletzung sein.

Gleichzeitig wirft die Entscheidung des EuGH viele neue Fragen auf. Wann genau liegt „Gewinnerzielungsabsicht“ bzw. ein „Erwerbszweck“ vor? Wann hätte ein Verlinker „vernünftigerweise wissen müssen“, dass er auf einen illegalen Inhalt verlinkt? Wie kann die Vermutung einer solchen Kenntnis widerlegt werden?

Es ist daher sicher, dass dies nicht die letzte Entscheidung des EuGH zum Thema Hyperlinks war.

Die Entscheidung des EuGH ist hier abrufbar.

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