BGH: Verlage können inhaltsleere presserechtliche Informationsschreiben stoppen

BGH: Verlage können inhaltsleere presserechtliche Informationsschreiben stoppen

Autor
Dr. Martin Schippan
Dr. Martin Schippan Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Profil ansehen

Blogeintrag teilen via

Der BGH hat am 15. Januar 2019 entschieden, dass die Zusendung von presserechtlichen Informationsschreiben jedenfalls dann unzulässig ist, wenn diese keine Informationen in Bezug auf eine etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung enthalten und der Verlag zuvor darum gebeten hatte, keine derartigen Schreiben mehr zu erhalten (Az.: VI ZR 506/17).

Der Sachverhalt

Zahlreiche Kanzleien, die Unternehmen und Personen vertreten, die von einer Berichterstattung in der Presse betroffen sind, versenden sogenannte presserechtliche Informationsschreiben an Zeitungsverlage. In der Regel wird in diesen Schreiben auf eine in einem anderen Medium erfolgte Berichterstattung Bezug genommen und mitgeteilt, die dortige Berichterstattung halte man für rechtswidrig. Für den Fall, dass die Berichterstattung übernommen werde, werden rechtliche Schritte angedroht. Mit einem presserechtlichen Informationsschreiben soll also bereits vor einer Berichterstattung auf diese eingewirkt werden.

Die in den Instanzen von Lausen Rechtsanwälte vertretene Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte eine im Presserecht tätige Kanzlei sowie einen von dieser vertretenen Mandanten dazu aufgefordert, ihr zukünftig keine presserechtlichen Informationsschreiben mehr zukommen zu lassen. Gleichwohl sandte die Kanzlei im Mai 2016 ein weiteres solches Schreiben für eben jenen Mandanten. In diesem Schreiben wurde auf eine Berichterstattung in der „BUNTEN“ Bezug genommen und mitgeteilt, man werde gegen diese Berichterstattung rechtliche Schritte einleiten und sowohl die Wort- als auch die Bildberichterstattung verbieten. Im Weiteren wurde mitgeteilt, die Berichterstattung greife massiv in die Privatsphäre des Mandanten ein und enthalte mannigfaltige Unwahrheiten. Was genau unwahr oder ein Eingriff in die Privatsphäre sei, wurde nicht näher ausgeführt. Man sei beauftragt, zivil- und strafrechtliche Schritte gegen die „BUNTE“ einzuleiten und gegen weitere Berichte dieselben Schritte einzuleiten.

Die Entscheidung

Auf die Unterlassungsklage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die begehrte, zukünftig keine presserechtlichen Informationsschreiben mehr per Telefax zu erhalten, verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main die Kanzlei und ihren Mandanten zu einer entsprechenden Unterlassung. Im Berufungsverfahren wies das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Klage ab.

Der BGH hat nun im Revisionsverfahren das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt. Dabei hat er festgestellt, dass die Übermittlung eines presserechtlichen Informationsschreibens in der Regel nicht rechtswidrig in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eines Presseunternehmens eingreife. Derartige Schreiben dienten dazu, dem von einer befürchteten Rechtsverletzung Betroffenen bereits im Vorfeld Gehör zu gewähren und dadurch persönlichkeitsrechtsverletzende Rechtsverstöße von vorneherein zu verhindern oder jedenfalls ihre Weiterverbreitung einzuschränken. Hinter diesen schutzwürdigen Interessen habe das Interesse eines Presseunternehmens, presserechtliche Informationsschreiben nicht zu erhalten, in der Regel zurückzutreten.

Eine andere Beurteilung sei allerdings dann geboten, wenn das übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven Rechtsschutz zu bewirken. Hiervon sei – wie im Streitfall – auszugehen, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden.

Fazit

Nach der Karlsruher Entscheidung steht nun fest, dass Presseverlage durch entsprechende Aufforderungsschreiben an Kanzleien die Zusendung von presserechtlichen Informationsschreiben per Telefax stoppen können, solange diese keine näheren Informationen zu etwaigen Rechtsverletzungen enthalten.

Weitere Blogeinträge

Reeperbahnfestival – Panel „The State of the AI Dilemma – Protection vs. Music Licensing“

Reeperbahnfestival – Panel „The State of the AI Dilemma – Protection vs. Music Licensing“

Marco Erler, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei LAUSEN, diskutiert auf diesem Panel im Rahmen des Reeperbahn Festivals eines der drängendsten Themen der Musikindustrie: Wie gehen wir mit der Nutzung von Musik im Rahmen von KI um? Freitag, 19. September 2025 13:30 – 14:30 Uhr East Hotel / Amber / HH Im Panel „The State …

Mehr erfahren
Reeperbahn Festival: Das Legal Update 2025 – Was die Musikwirtschaft jetzt wissen muss

Reeperbahn Festival: Das Legal Update 2025 – Was die Musikwirtschaft jetzt wissen muss

Beim Legal Update 2025 gibt Dr. Kerstin Bäcker, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht bei LAUSEN, einen Überblick über die neuesten, relevanten rechtlichen Entwicklungen mit Schwerpunkt auf KI und deren Auswirkungen. Donnerstag, 18. September 2025, 10:30 – 11:30 Uhr East Hotel / Ginger / HH Im Fokus stehen: ▶️ Update zum Stand der wichtigsten Gerichtsverfahren gegen …

Mehr erfahren
Neuer Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung für Film- und Fernsehschaffende

Neuer Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung für Film- und Fernsehschaffende

Bereits bei der Einigung über den TV FFS wurde bekannt gegeben, dass es zusätzlich einen neuen Tarifvertrag für eine betriebliche Altersversorgung für Film- und Fernsehschaffende geben soll (siehe unseren Blogbeitrag hierzu). Dieser tritt nun zum 1. Juli 2025 in Kraft. Darauf haben sich die Produktionsallianz, ver.di und BFFS geeinigt. Die neuen Regelungen sollen eine branchenweit …

Mehr erfahren